Wiederaufbau des Schlosses unter Familie von Heimburg
Die Erscheinung des Schlosses heute zeigt romanisierende und gotisierende Formen, die im Auftrag des Schlossbesitzers Kurt von Heimburg ab 1903 entstanden.1 Er beauftrage den Architekten und kaiserliche Hofbaurat Ernst Eberhard von Ihne, um die Spuren des Brandes zu beseitigen. In den Jahren 1903 und 1904 mussten die Angestellten vom Architekten von Ihne Studienreisen nach Potsdam unternehmen, um sich dort in Schlössern umzusehen und Ideen für den Wiederaufbau der Rammelburg zu sammeln.2 Erst nach dieser Suche nach Bau-Inspirationen wurde im Frühjahr 1904 mit dem Neu- und Umbau begonnen.3 Dabei entstand auf den alten Mauern ein neuer Südwest-Flügel im Stil der Renaissance und beide Schlosstürme wurden komplett ausgebaut.4
Über dem nordwestlichen Haupteingang zum Schloss ist bis heute der Wahlspruch der von Heimburgs nebst ihrem Wappen zu sehen: „Gerade Wege – Gueldene Wege“.5 Dazu prangt das Jahr „1904“, das die Fertigstellung des Wiederaufbaus kennzeichnet.
Die Kosten für die Renovierung des Schlosses sollen 1282-mal so groß gewesen sein, wie ein Arbeiter zu dieser Zeit jährlich verdiente.6 So wohnte Familie von Heimburg durchaus standesgemäß mit Marmor-Waschbecken, Seidenstoffen aus Venedig statt Tapeten, englischen Badewannen, besonderem Kinderbad, Bier- und Weinkellern sowie einer Anlage zur Warmwasserbereitung.7 Zudem wurde eine sieben Kilometer lange Wasserleitung zum Schloss gelegt.8
Aussehen der Rammelburg unter den von Heimburgs
Nachdem Familie von Heimburg im Schloss eingezogen war, wurde ein großer Wintergarten mit Orangenbäumen und anderen exotischen Pflanzenarten im Südost-Flügel eingerichtet – heute als alte Orangerie bekannt.9 Auch die Bepflanzung des Waldes auf dem Schlossberg war extravagant, da sich dort bis heute zum Beispiel Korea-Kiefern, sibirische Tannen und Rhododendren befinden.10 Im Schlosshof standen ebenfalls exotische Palmengewächse, wie das nachfolgende Bild zeigt:
Es wurde weiterhin durch Spezialisten im Ort Rammelburg ein Schlossgarten mit Gewächshäusern, Gemüsegärten und Frühbeet-Anlagen angelegt. Dieser Schlossgarten ist heute nicht mehr ersichtlich, da an seiner Stelle Familienhäuser stehen. Er war für die Öffentlichkeit nicht zugänglich und war in der Mitte mit einem großen runden Springbrunnen ausgestattet, um den ringsum Bänke standen und schöne Blumenbeete angelegt waren.11 Am Rand des Gartens standen vier große Gewächshäuser mit einer Mauerbreite von 25 cm12 Dort wurde Obst und Gemüse angebaut.13
Erich Träger aus Rammelburg erzählt dazu aus seinen Erinnerungen: „…wie Kinder eben so waren. 1945 hatten wir nichts und als Kind bin ich dann mal über den Zaun gesprungen und habe dort eine Handvoll Erdbeeren geklaut“. Doch wer dabei erwischt wurde, bekam großen Ärger, erzählt Heinz Mohr aus Erzählungen seiner Mutter. Bis 1945 soll der Schlossgarten noch für das Schloss bearbeitet worden sein, doch mit der Bodenreform von 1946 wurde dieser dann in vier Parzellen aufgeteilt, in die Häuser gebaut wurden.14
Vor dem Schlossgarten befand sich außerdem ein Hof, auf dem Feuerspritzen standen sowie Kutschen, Stallungen für die Kutschpferde und die Kutscherwohnung.15 Hinter dem Schlossgarten befindet sich der Ökonomiehof. Scheinbar wurde der Hof von den von Heimburgs modernisiert, glaubt Erich Träger, da früher auf Pfeilern des Hofes die eingravierte Jahreszahl 1907 prangte. Im Ökonomiehof war das Vieh untergebracht, sowie das Futter und der Verwalter. Er diente einerseits der Versorgung des Schlosses, aber andererseits wurde damit auch Geld verdient, z.B. mit einer Pferdezucht oder dem Verkauf von Vieh und Fleisch.16
An den Schlossgarten, der früher als „sehr wohl angelegter Lust-Garten“17 beschrieben wurde, schließt sich unmittelbar auf den Abhängen des Schlossberges ein Wald an. Die Natur um das Schloss herum hielt schon früh Schriftsteller dazu an, Verse darüber zu schreiben:
„Es hat vortrefflich Gehöltze, Jagden, Fischerey auf der Wipper, in so weit sie in den Grenzen dieses Amtes fliesset.“18
20. Jh
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Die Wälder der Rammelburg sind durch viele Vögel belebt, von denen schon 1736 der Schriftsteller Julius Bernhard von Rohr schreibt:
„Von den vier Oertern Eisleben, Seeburg, Rammelburg und Helffte, sind schon längst folgende Verse bekannt gewesen:
Eisleben der Glocken-Klang,
Seeburg der Fischfang,
Rammelburg der Vogel-Gesang,
Und Helffte der Flegel-Klang.“19
Friedrich Hoffmann fügt 1835 hinzu:
„R a m m e l b u r g, – d e r V o g e l g e s a n g !
Wie er in der Vorzeit klang,
klingt er unserm Ohre wieder.
Seid gegrüßet, holde Lieder !“20
Zu Zeiten des Kurt von Heimburg wurde der Schlossberg bis zur Wipper im Tal eingezäunt, da der Schlossherr ein leidenschaftlicher Jäger war. Das eingezäunte Wildgehege diente ihm zum Jagen von Wildschweinen und Dammhirschen. Die Attraktion dieses Wildgeheges war ein weißer Hirsch.21 Der zwei Meter hohe Lattenzaun zur Begrenzung des Geheges soll bis 1945 an der Hammeltriftbrücke gestanden haben, bevor er von den Anwohnern zum Verfeuern abgerissen wurde.22
Auf der Westseite des Burgbergs haben zu von Heimburgs Zeiten nicht so viele hohe Bäume gestanden, wie es heute der Fall ist. Denn die Herrschaften wollten einen guten Blick ins Tal haben. Um einen „vernebelten“ Blick abzuwenden, wurde auch der Bahntunnel von den von Heimburgs in Auftrag gegeben, der verhinderte, dass der Zug um den Schlossberg herum fuhr.23
Ein Schwanenteich unterhalb der westlichen Seite des Schlossberges wurde scheinbar auch von den von Heimburgs angelegt. In einer Zeitschrift von 1937 ist zu lesen: „Der Teich unter dem Burgberg ist noch nicht sehr alt“.24 Der Schwanenteich hatte nebst einem Bootshäuschen auch ein weißes Schwanenhäuschen auf einem Hügel in der Mitte des Teiches.25
Das Schloss nach dem 2. Weltkrieg
Der letzte recherchierte Grundriss stammt aus dem Jahr 1946 und gilt größtenteils auch heute noch. Darauf ist zu erkennen, dass nach fast 200 Jahren die Vieleck-Form des Schlosshofes erhalten geblieben ist. Nur am Westflügel wurde eine große Terrasse angebaut sowie der Haupt- und Nebeneingang zum Schloss in kleine Wendeltreppen-Türme verlegt. (-> siehe Schlossanlage)