Tuberkulose-Heilstätte
1949 bis 1969 übernahm die Sozialversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt die Rammelburg und der Rat des Kreises Hettstedt richtete eine Tuberkulose-Heilstätte für Männer ein.1 In die ehemalige Orangerie sind Betten hineingestellt und riesige Fenster eingebaut worden, erklärt der Zeitzeuge Manfred Wechselberger.
„In der wunderbar reinen Waldluft des Unterharzes, fernab jeder Industrie, finden die Werktätigen Heilung und Erholung. Für die Sorge um den Menschen und seine Gesundheit stellt unser Arbeiter-und-Bauern-Staat heute allein jährlich 750 000,- MDN 4 zur Verfügung, 75 % jener Summe, die um die Jahrhundertwende der von Heimburg für die Renovierung bezahlte. Über die Frage, welches Geld nützlicher angewandt wurde oder angewendet wird, brauchen wir uns wohl nicht mehr zu unterhalten“5
Neben der guten Luft wurde auch auf reichliches Essen für die Patienten geachtet. Scheinbar mussten sie mehr essen, als sie wollten. Essen, was nicht geschafft wurde, wurde durchs Fenster geworfen, erzählt Erich Träger. Er könne sich noch jetzt erinnern, wie sich die Katzen an der Schlossmauer darüber hermachten.





Besonders unterhaltsam scheint es als Patient in der Rammelburg jedoch nicht gewesen zu sein. So war die Rammelburger Gastschenke stets gut von den Patienten besucht.2
„Wer es übertrieb mit dem Alkohol oder beim Rauchen erwischt wurde, bekam eine „Blitzkur“. Diese Männer wurden am nächsten Tag halb acht zum Zug gebracht, der Richtung nach Hause fuhr.“3
Auch im Gelände der alten Papiermühle waren in den warmen Monaten Patienten anzutreffen, die sich die Zeit vertrieben, indem sie im Schrebergarten des Oberarztes aushalfen.2
Gertrud Brückner erzählt, dass der leitende Arzt der Klinik zur Auflösung 1969 folgendes gesagt haben soll:
„Wir haben solange gegen Tuberkulose gekämpft und es besiegt. Als Dank dafür werden wir nun aufgelöst.“3
Quellen
- Hermann Heidenreich: Rammelburg In: Pädagogisches Kreiskabinett Hettstedt (Hg.): Graue Halden und grüne Berge: Beiträge zur Heimatkunde des Kreises Hettstedt. Heft 5. Hettstedt 1965. S. 156-159.
- Interview mit Zeitzeuge Erich Träger aus Rammelburg
- Interview mit Zeitzeugin Gertrud Brückner aus Rammelburg
- Anmerkung: „Mark der Deutschen Notenbank“
- Hermann Heidenreich: Rammelburg In: Pädagogisches Kreiskabinett Hettstedt (Hg.): Graue Halden und grüne Berge: Beiträge zur Heimatkunde des Kreises Hettstedt. Heft 5. Hettstedt 1965. S.159.