Einrichtung der Schlosskapelle
Dem Heiligen Sebastian wurde die Kapelle in Schloss Rammelburg gewidmet, die nach Schotte „im 15. Jahrhuntert gegründet“ wurde.1 Die Burgkapelle „St. Sebastian“ befindet sich im Südflügel der Burganlage. Dabei handelt es sich um eine spätgotische Kapelle, deren ursprüngliche Einrichtung 1575 wahrscheinlich auf David von Mansfeld zurückgeht.2
Kapelle
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© Fotobestand v. Archiv des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Halle
1575 wurde die Kapelle mit einer stuckierter Kassettendecke ausgestattet, die Beschlagwerk, Bildnis-, Vogel- und Sternmedaillons enthielt sowie Motive der Kreuzigung und Auferstehung in den Rahmenfeldern.3 Empore und Sängertribüne waren geschmückt mit Ranken und Hermen.4 Das Altarbild zeigte den betenden Jesus in Gethsemane und die Fußdecke vor dem Altar, die am Quell ihren Durst löschenden Hirsche.5
Auf der Kanzel, die aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammt, sind die Wappen der vier Schlossbesitzer zu sehen: derer von Mansfeld, von Berlepsch, von Stammer und von Friesen.6 Im 18. Jahrhundert enthielt die Kapelle eine Orgel. Denn es existiert ein auf 1788 datierter Reparaturanschlag für die Orgel vom Merseburger Stiftsorgelbaumeisters Johann Gottfried Krug.7 1829 wurde die Kapelle vom Freiherrn Ernst von Friesen erneuert.8
Schlosskapelle im 20. Jahrhundert
In einem Zeitungsartikel von 1937 wird die Kapelle so beschrieben:
„Wir betreten die kleine St. Sebastian geweihte Kapelle, in der sich seit Jahrhunderten die Rammelburger Gemeinde zur Andacht und Gottesdienst versammelt. Die mit bildlichen Reliefdarstellungen versehene Decke und die mit den Wappen aller bisherigen Amtsinhaber geschmückte Kanzel sind besonders wertvoll.“9
Eine Auflistung des Kapellen-Inventars von 1941 benennt folgende Gegenstände: Abendmahlgeräte, Taufbecken, Kronleuchter, Altarteppich von Frau von Friesen selbst bestickt (sictus cervus10, Altarbehängungen, Kruzifix von Friedrich Wilhelm IV..11
Nach Auskunft der Rammelburger Bürger soll die Kapelle bis zirka 1950 noch für Trauungen, Konfirmationen usw. genutzt worden sein. Danach war sie nicht mehr öffentlich zugänglich. Ein Brief im Archiv des Landesamts für Denkmalpflege in Halle macht deutlich, dass zu Zeiten der Tuberkulose-Heilstätte die Kapelle nicht mehr nutzbar gewesen sei, da aus dem darunter liegenden Keller die Feuchtigkeit im Mauerwerk aufsteigen würde und gesundheitsgefährdenden Schimmel verursacht.12
Bis 1971 wurde die Kapelle deswegen nur noch als Lagerraum genutzt. Danach wurde für die 1969 eingezogene Rehabilitationsklinik eine Zwischendecke eingezogen, die die Kapelle bis heute in zwei Etagen trennt.13 An der Zwischendecke wurde der Stuck befestigt und der untere Raum wurde als Klubraum für das Klinik-Personal eingerichtet. Im Archiv konnte folgende Inventarliste gefunden werden:
„Altar und Kanzel wurden in Einzelstücke zerlegt und im Haus verwahrt; 40 kleine Sessel, Klubtische, Läufer, kleine Tanzfläche mit Plattenspieler, Tischlampen aus eigener Produktion; oben Festsaal: 60 Plätze mit Polstersitzen, Demonstrationstisch, Rednerpult, Projektionsgerät und 12armigen Leuchter“14
995 holte laut Mitteldeutscher Zeitung das Sozialministerium Sachsen-Anhalt Altarfiguren von der Rammelburg ab, da sie Eigentum des Landes seien und restauriert werden würden.15 Mehrmalige Nachfragen beim Sozialministerium hinsichtlich des Verbleibs des Schlossinventars wurden nicht beantwortet. Die Kapelle an sich gehört noch heute der evangelischen Kirche und nicht dem Besitzer der Rammelburg. Da diese Kapelle jedoch auf dem Grund und Boden des Schlossbesitzer steht, ist diese aber nicht zugänglich.
Bleiglasfenster
Ursprünglich befanden sich in der Schlosskapelle vier einfache Glasfenster.16 1867 beauftragte jedoch Karl Freiherr von Friesen-Miltiz eine Berliner Firma zur Anfertigung eines zweiflügligen bunten Glasfensters, das in Blei eingefasst wurde.17 Auf einem Fensterflügel wurde die Trauung eines „Mohren“ namens August Friedrich Wilhelm Sebastian mit der Wippraerin Dorothea Neukomms (von 1684) dargestellt und auf der anderen Seite die Taufe eines 18-jährigen Türken namens Christian Adam Neugebohren (von 1694) (dabei war Professor August Hermann Francke der Pate, der hier 1705 ein Fräulein von Stammer aus Popperode heiratete18).19 Beide Ereignisse haben in dieser Kapelle unter den Besitzern von Stammer stattgefunden.20 21
Das Glasfenster überstand den Brand, den Neuaufbau des Schlosses Anfang des 20. Jahrhunderts und sogar das „Rasseempfinden“ des Nationalsozialismus wie ein Zeitungsartikel von 1937 beweist:
„Ein glasgemaltes Fenster stellt die Taufe eines Türken dar (wobei August Hermann Franke in Rammelburg Pate stand) und – was unserem Rasseempfinden nicht entspricht – die Trauung einer Wippraer Jungfrau mit einem Neger. Jedenfalls hat die Entgleisung jener Maid großen Eindruck auf den Künstler und seinen Auftraggeber gemacht.“22
Zu DDR-Zeiten wurde die Kapelle durch den Einzug einer Zwischendecke geteilt. Oben entstand ein Schulungsraum und unten ein Klubraum, in dem sich auch das Bleiglasfenster befand. Es wurde aus der Kirchenwand ausgebaut, da der Sandstein ausgemergelt war und das Fenster ungemein wackelte, erzählt Zeitzeuge Heinz Mohr. Das Fenster bekam zum Schutz vor Diebstahl, der Witterung und Zerbrechen einen neuen Platz an der Wand des Klubraums, wo es in einen an der Wand hängenden, normalen Fensterrahmen eingesetzt wurde.
Leider nutzte der Schutz vor Diebstahl von außen nichts. Denn es wurde aus dem Inneren der Kapelle gestohlen. Der Verbleib des Fensters ist auch heute noch ungewiss. In Zeitungsartikeln kann man nachvollziehen, dass das Fenster zu Zeiten der Besichtigungen potenzieller Käufer in der Zeit von 1995 bis 1999 entwendet wurde.