Familie von Stammer, der Mohr und der Türke
Die von Stammers besaßen die Rammelburg von 1624 bis 1720. Zu der Zeit, zu der Adam Adrian von Stammer auf der Rammelburg wohnte, wiederholte sich der Aufenthalt von Personen, die wegen ihrer religiösen Ansichten oder wegen ihrer Herkunft für Aufsehen sorgten. Ein Beweis dafür war das gestohlene Bleiglasfenster aus der Rammelburger Kapelle. Auf einem Fensterflügel wurde die Trauung eines „Mohren“ namens August Friedrich Wilhelm Sebastian Mohr mit der Wippraerin Dorothea Neukomms (von 1684) dargestellt und auf der anderen Seite die Taufe eines 18-jährigen Türken auf den Namen Christian Adam Neugebohren (von 1694). Beide Ereignisse haben in der Kapelle zu Rammelburg stattgefunden.1 2
Adrian Adam von Stammer traf den 1644 geborenen „Mohren von Malta“ auf einer Pilgerreise nach Jerusalem.3 Der wahre Name des „Mohren“ war Sebastiano Carmel Sandro Azzopardini.4 Er wurde einige Zeit durch einen deutschen Kaufmann in Venedig ausgebildet und konnte deswegen mit Adrian Adam von Stammer auf Deutsch sprechen.5 Sie wurden so gute Freunde, dass von Stammer ihn auf die Rammelburg einlud. Als er dort verweilte, brach auf Malta eine Pestepidemie aus, der die Familie des „Mohren“ zum Opfer fiel.6 Deswegen entschied er sich auf Rammelburg zu bleiben und arbeitete für die Herrschaften von Stammer als Kammerdiener, Koch und Tafeldecker.7 Dabei lernte er auch seine zukünftige Ehefrau Dorothea aus Wippra kennen, mit der er im „Schusterhaus“ in Wippra wohnte.8 Der Pfarrer von Friesdorf Caspar Haserod entschied sich mit Adrain Adam von Stammer für einen deutschen Namen für den „Mohren“: August Friedrich Wilhelm Sebastian Mohr.9 Diesen allseits bekannten Spitznamen „Mohr“ übernahm man also als deutschen Familiennamen und legte so den Grundstein der Familien Mohr in Deutschland, die auch heute noch in Rammelburg und Umland vertreten sind.
Dadurch, dass zwischen Anfertigung des Glasfensters und den dargestellten Ereignissen fast 200 Jahre lagen, wurde der Mohr nach Überlieferungen dargestellt: schwarzhäutig mit gekräuseltem Haar. Dies sei jedoch falsch, wie ein Ölgemälde aus dieser Zeit beweisen soll.10 Der „Mohr“ ist auf der Mittelmeerinsel Malta geboren und war zwar sonnengebräunt, aber nicht dunkelhäutig.11 Dennoch wurde er wegen seiner andersartigen Hautfarbe als der „Mohr“ bezeichnet.
Das „Schandbuch“ (1698)
In die Schlagzeilen geriet das Schloss Rammelburg auch am Ende des 17. Jahrhunderts. Im Jahre 1698 wurde hier vom Theologen Gottfried Arnold, angeblich in enger Zusammenarbeit mit dem örtlichen Pastor M. Martin Rost, ein kirchenkritisches Buch verfasst.12 Dieses unter dem Titel „Unparteiische Kirchen- und Ketzerhistorie“ veröffentlichte Werk wurde von der Kirche umgehend zum „Schandbuch“ erklärt.13 Der spätere Pastor von Friesdorf und Rammelburg M. Johann Götze schrieb dazu in Bezug auf Arnold:
„Dort im Rammelburger Schloss, wo ein Arnold sonst gewohnt,
der in seiner Kirchgeschichte auch die Unschuld selbst nicht schont,
wo er solches Lästerbuch eigentlich zusamm` gelesen,
als er bei der Herrschaft da Kinder-Gouverneur gewesen.“14
Offenbarungen (1705)
Im Jahr 1705 waren der aus Lüneburg vertriebene Superintendent Johannes Wilhelm Petersen und dessen Gattin als Gäste auf der Rammelburg.15 Sie rühmten sich während ihres Aufenthalts damit, sie hätten die sinnvolle Auslegung der Offenbarung S. Johannis empfangen. Ebenso besuchte ein Fräulein Rosamunde Juliane von der Asseburg das Schloss. Sie habe ebenso göttliche Offenbarungen empfangen.16
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