Interview zur Rammelburg
Schmitt: „Man sollte nie die Hoffnung aufgeben.“
Reinhard Schmitt, Sachgebietsleiter für Bauforschung im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Halle, erklärt, dass ohne Kontakt zum Eigentümer der Rammelburg auch die Denkmalschutzbehörde keine Handhabe hat, das Schloss vor dem Verfall zu bewahren.
Welche Funktion hat die Denkmalschutzbehörde gegenüber der Rammelburg?
Schmitt: Die Denkmalschutzbehörde ist eine Genehmigungsbehörde. Alles, was zu baulichen Veränderungen an der Rammelburg führen würde, muss von der Unteren Denkmalschutzbehörde in Sangerhausen in Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle genehmigt werden. Hinsichtlich der Rammelburg sind wir in den letzten 15 Jahren nur einmal eingebunden gewesen, da nach unseren Informationen keine Zerstörung oder Veränderung des Denkmals vorlag.
Wem gehört die Rammelburg heute?
Schmitt: Solch eine Frage kann aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht beantwortet werden.
Gehört das Schloss einer Privatperson oder einem Unternehmen?
Schmitt: Nach dem Kenntnisstand der Unteren Denkmalschutzbehörde in Sangerhausen befindet sich das Schloss in Privatbesitz.
Gehört der Schlossberg der gleichen Person?
Schmitt: Nach Auskunft der Unteren Denkmalschutzbehörde besitzt der Schlossbesitzer auch den Schlossberg.
Ist der Besitzer der Rammelburg verpflichtet, deren Verkauf bei der Denkmalschutzbehörde zu melden?
Schmitt: Laut dem § 17 des Denkmalschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt ist der Verkäufer eines Denkmals verpflichtet, bei der Unteren Denkmalschutzbehörde zu melden, wenn es zu einem Eigentümerwechsel kommt. Zudem muss der Alteigentümer den neuen Eigentümer darüber informieren, dass es sich bei dem Kaufobjekt um ein Denkmal handelt, das dem Denkmalschutzgesetz unterliegt. Damit hat der Verkäufer seine Pflicht getan. Was der neue Eigentümer dann macht, ist dessen Sache.
Betreten verboten
|
Wann würde die Denkmalschutzbehörde gegen den Besitzer eines Denkmals vorgehen?
Schmitt: Wenn uns ersichtlich ist, dass die Erhaltungspflicht des Denkmals verletzt wurde. Diese ist verletzt, wenn Mängel oder Veränderungen am Objekt auftreten, die den Denkmalwert beeinträchtigen oder die durch unvorhersehbare Ereignisse wie Feuer, Wasser usw. eingetreten sind. Auch bei solchen Mängeln besteht vom Eigentümer gegenüber der Unteren Denkmalschutzbehörde eigentlich eine Meldepflicht.
Und was ist, wenn sich niemand meldet?
Schmitt: Es gibt zwar gesetzliche Meldefristen laut Denkmalschutzgesetz, aber auch da ist es wie überall: Wenn sich niemand meldet, ist Schweigen im Wald. Wir sind leider keine Hellseher und wissen nicht, wann ein Denkmal veräußert oder zerstört wird. Und wenn keine Meldung kommt, kann sich nichts bewegen. Das ist im Normalfall leider so.
Gab es jemals eine Meldung des Schloss-Besitzers gegenüber der Behörde oder Ihrem Amt?
Schmitt: Nicht unaufgefordert.
Wann war die Denkmalschutzbehörde das letzte Mal in der Rammelburg?
Schmitt: Es gab im Jahr 2011 einen Ortstermin. Dabei wurden erste Sicherungsmaßnahmen benannt.
Wurden die erteilten Auflagen vom Besitzer der Rammelburg erfüllt?
Schmitt: Das ist uns nicht bekannt. Weder die Behörde noch das Landesamt waren seitdem nicht noch einmal auf der Rammelburg, da kein Kontakt mit dem Eigentümer möglich war.
Was passiert, wenn auf die erteilten Auflagen von der Besitzer-Seite aus nicht reagiert wird?
Schmitt: Die Besitzer von Denkmälern sind laut § 9 des Denkmalschutzgesetzes dazu verpflichtet, ihre Denkmäler zu erhalten und zu pflegen. Wenn diese Pflicht nicht erfüllt wird, kann die Untere Denkmalschutzbehörde Anordnungen erlassen. Dem Eigentümer werden dann entweder Maßnahmen zum Erhalt des Denkmals auferlegt oder er muss es dulden, dass ein anderer diese Maßnahmen auf seine Kosten durchführt.
Betreten verboten 2
|
Kann dieser Vor-Ort-Termin im Jahr 2011 ein Hinweis darauf sein, dass das Schloss erneut verkauft wurde?
Schmitt: Ein Ortstermin nach einem Verkauf ist denkbar, z.B. um den neuen Eigentümer kennenzulernen und um herauszufinden, welche Konzepte dieser hat. Aber ob der Ortstermin im Fall der Rammelburg tatsächlich wegen eines Eigentümerwechsels zustande kam, kann ich nicht sagen.
Was würden Sie als Denkmalschutzbehörde machen, wenn Sie zur Rammelburg Zugang hätten?
Schmitt: Wir würden eine Bestandserfassung beauftragen, die z.B. zum Aktualisieren der Grundrisse dient. Es würden auch Holzschutzgutachter beauftragt werden, die das Gebälk auf Schwamm, Pilz, usw. kontrollieren. Ein Statiker würde ein Gutachten anfertigen und ein Restaurator würde das Objekt auf erhaltenswerte Verzierungen untersuchen. Auf Grundlage dieser Informationen würden wir ein baugeschichtliches Gutachten anfertigen. Darauf aufbauend kann dann festgelegt werden, welche Veränderungen am Denkmal genehmigt werden können und welche nicht und welche Mängel zu beseitigen sind. All diese Leistungen muss der Eigentümer finanziell übernehmen.
Wie viel würde eine Sanierung kosten?
Schmitt: Was eine Sanierung kosten würde, wissen wir nicht.
Wäre es billiger, das Schloss abzureißen?
Schmitt: Auch das wissen wir nicht. Theoretisch würde ein Abriss auch in die Millionen gehen, allein durch die Entsorgungskosten. Aber solch eine Frage steht niemals im Raum, denn ein Abriss kommt bei solch einem Objekt überhaupt nicht in Frage. Denkmäler kann man zwar abreißen, wenn sie eine öffentliche Gefährdung darstellen, aber Schlösser wurden – abgesehen von den Ereignissen nach 1945 (Berlin, Potsdam, Braunschweig) – noch nie abgerissen.
Wieso verfallen die alten Schlösser, Herrenhäuser usw. heutzutage? In vergangenen Tagen konnte diese doch auch unterhalten werden?
Schmitt: Das Problem an diesen großen Objekten ist, dass früher das Umland des Objekts dieses wirtschaftlich getragen hat, z.B. der Gutshof. Heutzutage ist das nicht mehr so. Deswegen sind auch viele Immobilien für Alteigentümer unattraktiv geworden, denn die Objekte müssen mit viel Geld erhalten werden, bringen aber in den meisten Fällen nichts ein. Man braucht so Investoren mit viel Geld, die das Objekt als Immobilie kaufen und sanieren. Doch oft wird mit diesen Objekten von Immobilienhaien nur spekuliert; das kann gut aber auch oft schlecht ausgehen. Neben der Rammelburg ist auch Schloss Seeburg solch ein Beispiel. Von drei Teileigentümern hat nur einer saniert, sodass zwei Drittel des Schlosses immer noch leerstehen.
Gibt es positive Ausgänge eines privaten Kaufs eines denkmalgeschützten Schlosses?
Schmitt: Ja, die gibt es. Ein gutes Beispiel ist Schloss Frankleben, das sich 2007 noch in einem sehr schlechten Bauzustand befand. Es wurde von einem Privatmann gekauft und bis 2013 saniert. Heute wird das Schloss für Veranstaltungen und als Pension genutzt.1
Ein etwas anderes positives Beispiel ist Schloss Harbke in der Börde. Es lag zu DDR-Zeiten im unmittelbaren Grenzbereich bei Marienborn. Dadurch brauchte es keiner und es zerfiel bis die Mauern einstürzten. Diese Ruine wurde durch Arbeitseinsätze der Harbker Bürger beräumt und gesichert. Dabei wurden Werksteine, Kapitelle und Säulen sichergestellt und so vor dem Verfall bewahrt. Rundherum wurden die Parkanlagen gepflegt und sind für Besucher zugänglich. Der Grundstein für eine bessere Zukunft wurde so durch engagierte Bürger gelegt.2 Man sollte nie die Hoffnung aufgeben.
Schlossweg
|