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von Heimburg
Merkwürdigkeiten der Familie von Heimburg
Um 1900 kaufte der Besitzer der großen Eisen- und Stahlwerke von Stumm die teilweise abgebrannte Rammelburg von der Familie von Friesen, die diese aus finanziellen Gründen abtraten.1 Helene von Stumm erhielt das Schloss dann 1902/03 von ihrem Vater als Geschenk zur Heirat mit Kurt von Heimburg.2 Familie von Heimburg besaß die Rammelburg dann bis 1937. Kurt von Heimburg und seine Frau Helene hatten drei Kinder: eine Tochter llse und zwei Söhne Hans-Georg und Joachim.3 Die Familiengeschichte der von Heimburgs konnte durch zahlreiche Briefe, die sie sich schrieben, im Nachhinein grob aufgearbeitet werden.4
Schuhe für die Schulkinder
Ein schöner Brauch des Schlossherrn von Heimburg war es, dass schulpflichtigen Kindern aus Rammelburg, die jeden Tag den zwei Kilometer langen Schulweg nach Friesdorf laufen mussten, alljährlich zum Weihnachtsfest ein Paar neue Schuhe von ihm geschenkt bekamen.5.
Im Ersten Weltkrieg zeigte sich das gute Verhältnis und die enge Verbundenheit der Familie, denn Kurt von Heimburg schickte mehr als 200 Briefe an seine Kinder und seine Ehefrau.6 Er wurde als Major des Kaisers an die Ostfront berufen. Tochter Ilse war als Krankenschwester in Kriegslazaretten eingesetzt und der Sohn Joachim, auch „Schimmi“ genannt, kämpfte als Unteroffizier an der Ostfront.7 8 Der älteste Sohn Hans-Georg litt von Geburt an an Epilepsie (Fallsucht). Dennoch hatte er den großen Wunsch als Freiwilliger ebenfalls an der Front zu dienen.9
Helene von Heimburg soll ebenfalls krank und leidend gewesen sein.10 Sie soll während des Ersten Weltkriegs nur einmal in den Sommermonaten auf Schloss Rammelburg gewesen sein und sonst mit ihrem Sohn Hans-Georg (der wegen der Epilepsie nicht zum Militär eingezogen wurde) in ihrer Villa in Potsdam gewohnt haben.11 Sie fühlte sich in dem großen Schloss ohne ihren Mann und die Kinder einsam.12 Zudem sei es im Winter ständig kalt gewesen, da das Schloss schwer zu beheizen gewesen sei.13 Doch 1917 schaffte es Hans-Georg, seinem eindringlichen Wunsch folgend, als Kriegsfreiwilliger bei einem Potsdamer Husaren-Regiment angenommen zu werden und ließ seine Mutter in Potsdam allein.14
Joachim von Heimburg hatte aber eine große Liebe zur Rammelburg. Wenn er Urlaub von der Front hatte, verbrachte er als leidenschaftlicher Jäger gerne einige Tage auf der Rammelburg. Sein Gefallen an der Harzer Natur schreibt er in einem Brief nieder:
„Heute früh habe ich einen großen Spaziergang unternommen. Es war ganz wunderbar, trotzdem es meist regnete. Aber ich war so begeistert, daß ich davon gar nichts merkte. Ich glaube drei Wochen hier würden mich zu einem vollständig neuen Menschen machen, diese 3 oder 4 Tage tun es schon.“ 15.
Zudem schwärmte er von den Kochkünsten der Haushälterin Frau John auf der Rammelburg, genannt „Muhme“.16 Sie wohnte in einer winzigen Wohnung neben dem Uhrenturm.17 Auch seinen Geburtstag feierte er 1918 auf der Rammelburg, wo die „Muhme“ ihm dafür einen Pflaumenkuchen gebacken hatte:18
„Sie sorgt wundervoll für mich und ist zu rührend. So jemand gibt es wirklich kaum ein 2. Mal […] Sie ist doch die Köchin der Köchinnen!“19.
Im Ostflügel der Rammelburg wurde durch die von Heimburgs ein Wintergarten eingerichtet – die so genannte Orangerie.20 Darin wuchsen Orangenbäume und andere exotische Pflanzen, die sie von ihrem alljährlichen Winterurlaub in Ägypten mitbrachten.21 Noch heute sind auch im Wald unterhalb des Schlosses Bäume und Sträucher zu finden, die nicht zur Vegetation des Unterharzes gehören.
Doch es blieb nicht nur bei pflanzlichen Urlaubs-Mitbringseln, denn auch exotisches Getier kehrte in das Schloss ein. Wahre Geschichten aus dem Leben der von Heimburgs konnte das Ehepaar Else und Paul Hühnerbein aus Hermerode erzählen (leider bereits verstorben). Else Hühnerbein war ab 1921 zehn Jahre lang im Dienst der Helene von Heimburg und Paul wurde vom Burgherrn im Forstdienst angestellt.22 So gab es Tage, an denen Paul Hühnerbein das Chamäleon der Herrschaften bewachen musste, da es sich sonst verkühlt hätte. Zudem musste der entflogener Papagei mit großem Aufwand unter Zuhilfenahme von Bananen von der Dienerschaft wieder eingefangen werden.23 Und auch Trauerfälle gab es zu beklagen, als sich Burgherrin Helene aus Versehen auf ihren weißen Hut setzte und dabei einen Vogel, der unter dem Hut saß, erstickte 24.
Else Hühnerbein konnte aus den Privat-Gemächern der Helene von Heimburg berichten, dass diese Kleider aussortierte und sie dazu auf die Erde warf. Daraufhin wurde Frau Hühnerbein angewiesen, die alten Kleider an den verarmten Adel nach Berlin zu schicken.25 Weiter erzählte Else Hühnerbein:
„Wenn ich an die vielen Briefe denke, die die Gnädige jede Nacht schrieb, und morgens lagen alle auf dem Boden und ich musste sie einsammeln und wegwerfen. Auf allen stand „Mein letzter Wille“. Fertig geworden ist sie mit dem Testamentschreiben nie.“ 26
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Ehe der von Heimburgs geschieden.27 Schon im Jahre 1923 verstarb Kurt von Heimburg und wurde bei seinem Bruder in Hannover beigesetzt 28. Helene behielt die Rammelburg bis auch sie 1933 verstarb.29 Das Grab von Kurt von Heimburg wurde später durch seine Familie von Hannover nach Hayda, einem Ortsteil von Wippra, umgesetzt, in dem Kurts Jagdhütte stand.30 Seine Ex-Frau Helene, Sohn Hans-Georg und die Französischlehrerin der Kinder wurden ebenfalls an dieser Stelle beigesetzt.
Tochter Ilse verblieb bis zum Tod ihrer Mutter 1933 unverheiratet im Schloss Rammelburg, ging dann aber eine Ehe mit einem Engländer ein.31 Dr. Joachim von Heimburg hatte in München Jura studiert und heiratete dort.32 Er soll Überlieferungen zufolge nach dem Zweiten Weltkrieg eine gewisse Zeit in Wippra gewohnt haben.
Das Schloss ging nach dem Tod von Helene von Stumm an die Erbengemeinschaft über. Doch keiner der Erben wollte als solcher eintreten, sodass die Rammelburg 1937 an die Familie von Thurn und Taxis veräußert wurde.33
-> weiterlesen: Aussehen des Schlosses unter von Heimburg